Deutschland bietet heute im weltweiten Vergleich einen der besten Standorte für Cloud Computing, doch diese Position ist gefährdet. Und die Probleme sind hausgemacht: die übertrieben strenge Auslegung von Datenschutzbestimmungen könnte dazu führen, dass die Cloud hierzulande ihr Potential nicht entfalten kann. Aktuell belegt Deutschland den dritten Rang in einer von der BSA vorgelegten Studie der Rahmenbedingungen für den Cloud-Computing-Markt, nur knapp hinter Japan und Australien, aber noch vor den USA. Schwellenländer wie Indien, China oder Brasilien bilden das Schlusslicht. Untersucht wurden die gesetzlichen und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Cloud Computing Diensten in 24 Ländern. Deutschlands Spitzenplatz wird auch durch die geplante Reform des EU-Datenschutzrechts gefährdet, welche den Umfang und die wirtschaftliche Bedeutung von Cloud Computing untergraben könnte. Die BSA fordert Regierungen weltweit auf, ihre Gesetzgebung besser aufeinander abzustimmen, um den grenzüberschreitenden Datenverkehr zu erleichtern.
Thomas Boué, Director, Government Relations EMEA, bei der Business Software Alliance: „Die Vorteile des Cloud Computing sind stark volumenabhängig. Ziel einer weltweiten Wirtschaftspolitik sollte es daher sein, dass Anwender die Technologien, die sie privat oder geschäftlich benötigen, von Servern auf der ganzen Welt beziehen können. Dazu müssen Gesetze und Verordnungen den freien grenzüberschreitenden Datenverkehr gewährleisten. Zum aktuellen Zeitpunkt haben zu viele verschiedene Länder zu unterschiedliche Regelwerke. Das steht dem Handel und digitalen Dienstleistungen im Weg.“
Zu den wichtigsten Ergebnissen der Studie „BSA Global Cloud Scorecard“ zählen:
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In Deutschland gelten umfassende Gesetze gegen Cyberkriminalität und zum zeitgemäßen Schutz geistigen Eigentums. Diese Kombination stellt einen guten Schutz für Cloud-Computing-Dienste in Deutschland dar. Beide Gesetze sind zur Überarbeitung in näherer Zukunft vorgesehen.
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Es besteht aber noch Unklarheit darüber, ob Webhoster und Internetanbieter zivilrechtlich haftbar gemacht werden können, wenn auf ihren Systemen Urheberrechtsverstöße begangen werden.
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In Deutschland gelten zudem moderne Gesetze für E-Commerce und zur digitalen Signatur. Wie die Mehrheit der Länder in Europa verfügt Deutschland über ein Gesetzgebung zum umfassenden Schutz der Privatsphäre und dem Datenschutz, was aber auch Pflichten zur aufwändigen Registrierung und Dokumentation umfasst, die als Kostenfaktor den Einsatz von Cloud Computing behindern könnten. Zudem verfügt Deutschland über 17 verschiedene Datenschutzbehörden, was zu Unsicherheit bezüglich der Auslegung der Gesetze führt.
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Deutschland legt großen Wert auf internationale Standards und Interoperabilität. Dies ist die Folge aktueller politischer Kurskorrekturen, die in jüngster Zeit vorgenommen wurden.
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Es gibt einen starken Gegensatz zwischen den Grundvoraussetzungen in den entwickelten und den Schwellenländern. Japan, die USA und die EU haben solide gesetzliche Grundlagen für Cloud Computing geschaffen, während etwa China, Indien oder Brasilien noch einen weiten Weg vor sich haben, bevor sie am weltweiten Cloud Markt teilhaben können.
Zu den überraschendsten Erkenntnissen zählt, dass manche Länder und Regionen sich regulativ und rechtlich abgrenzen. Ein Beispiel für Gesetzgebung, die im Widerspruch zu der anderer Länder steht, ist die geplante Reform des EU-Datenschutzrechts. Idealerweise würde es einen harmonisierten Gesamtmarkt schaffen, indem es unnötige Unsicherheiten und Verwirrung bei Anbietern und Anwendern beseitigt. Doch es gilt ein empfindliches Gleichgewicht einzuhalten: die Regeln müssen die Datenschutzrechte der Menschen bewahren, gleichzeitig aber dafür sorgen, dass sie Zugang zu allen Diensten des Internet haben, darunter auch Cloud Computing.
Thomas Boué: „Deutschland hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte bei den Rahmenbedingungen erzielt, die Cloud Computing die größte Effizienz ermöglichen. Ein gesunder nationaler Markt ist aber nicht automatisch mit den internationalen Gesetzen in Einklang. Doch nur so kann es freien Datenaustausch geben. Wir müssen an der Förderung des globalen Cloud-Computing-Ökosystems arbeiten.“
Sieben Schritte für die bessere Cloud
Die BSA spricht den Regierungen weltweit sieben Handlungsempfehlungen zur Förderung des wirtschaftlichen Potentials von Cloud Computing aus:
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Datenschutz: Die Privatsphäre und Daten von Anwendern müssen im freien Datenverkehr geschützt bleiben.
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Sicherheit: Ohne eine bestimmte Technologie zu bevorzugen, müssen die aktuellsten Cybersecurity-Strategien und Prozesse gefördert werden.
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Kampf gegen Cyber-Kriminalität mit wirkungsvoller Abschreckung und klar definierten Klagegründen gegen Cyber-Kriminelle.
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Geistiges Eigentum: Schutz vor widerrechtlicher Aneignung oder Missbrauch von Cloud-Technologien durch Rechtsschutz und -maßnahmen.
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Interoperabilität: Förderung von Offenheit und Interoperabilität sowohl unter Cloud Anbietern als auch -Herstellern.
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Freier Handel: Abkehr von Handelsschranken und der Bevorzugung bestimmter Technologien oder Unternehmen.
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Infrastruktur: Schaffung von Anreizen für private Anbieter, in Breitband-Infrastruktur zu investieren, um so den allgemeinen Zugang für die Bürger ermöglichen.
Die BSA Global Cloud Scorecard ist die erste vergleichende Analyse der weltweiten Voraussetzungen für die Förderung eines global integrierten Cloud-Marktes. Sie berücksichtigt die Gesetze und Verordnungen in den Ländern, die gemeinsam 80 Prozent des globalen IT-Marktes ausmachen. Diese werden auf sieben Faktoren hin untersucht: Datenschutz, Sicherheit, Cyber-Kriminalität, geistiges Eigentum, Interoperabilität, freier Handel und Infrastruktur.
Weitere Informationen und Hintergrundmaterial
Die vollständige Studie mit den Daten zu Deutschland und den übrigen 23 Ländern sowie den Handlungsempfehlungen ist unter www.bsa.org/cloudscorecard erhältlich.